Sankt Petersburg, zwei Reisen in die zweitgrößte Stadt Russlands
(2008 und 2009)

Sankt Petersburg

welch eine Stadt - 4 Millionen Einwohner und Kultur pur. In der Innenstadt ist in der warmen Jahreszeit das Gefühl einer fast mediterranen Stadt spürbar. Jeder der es sich leisten kann, geht auf die Strasse, relaxt in Parks und geht schoppen.

Aber wer die Augen aufhält, sieht auch eine etwas andere Stadt. Eine Stadt in der die Kluft zwischen arm und reich riesig scheint. Es gibt zu viele Verlierer der Perestroika. Menschen wohnen in alten und viel zu engen Wohnsiedlungen. Ausserhalb des Stadtkernes stehen Plattenbauten in mehreren Reihen entlang der Ausfallstrassen. Kilometerlang, eintönig und unmenschlich. Und dann ausserhalb der Stadt die Datschas, die für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtig ist.

Es gibt sehr viel zu sehen in dieser Stadt, auch kritische Momente und große Armut. Ich hoffe, dass sich diese Kluft im Laufe der Zeit abmildert. Nachdem wir mit einer Lehrerin etwas länger ins Gespräch kamen, erfuhren wir auch, dass die Arbeitslosigkeit der männlichen Bevölkerung mit einem Alter von mehr als ca 45-50 Jahren extrem groß ist. An die neue Arbeitswelt nach kapitalistischen Regeln ist sich sehr schwer anzupassen. Die Renten sind erbärmlich niedrig und reichen nicht zum Leben. Folglich ist auch der Alkoholismus ein ernstes Problem.

Aber es gibt natürlich auch die schönen Seiten dieser sehenswerten Stadt. Eremitage und andere Paläste habe ich zwar auch von Innen fotografiert, erspare mir aber diese Bilder - das Netz ist voll davon.

Mir geht es eher um Impressionen und Ansichten, die vielleicht nicht so alltäglich sind. Unsere Reisen fanden Anfang März 2008 und Ende Mai 2009 statt. Die klimatischen Unterschiede sind deutlich zu sehen.

Immer ist mir aufgefallen, dass die Menschen dort zwar freundlich sind, aber auf der Strasse keine Miene verziehen, einen nie anschauen, nie lächeln, keine Regung in den Gesichtern erkennen lassen. Wohl noch eine Gewohnheit aus alten Zeiten. Man kann ja nie wissen, wer da gerade gegenüber steht, geht, sitzt. Schade, wirklich schade. Denn dadurch sind schnell Missverständnisse zwischen St. Petersburgern und den unbedarften Touristen auf gekommen.